„Was wohl vor 800 Jahren gewesen ist?“
„Wieso willst du ausgerechnet wissen, was vor 800 Jahren war? Wie kommst du auf diese Zahl? Wieso nicht vor 600 oder 400 Jahren?“
„Ach, nur so. Ich hab gerade auf meine Uhr geguckt, und da war es acht, und da hab ich gedacht: Was wohl vor achthundert Jahren war?“
„Du kommst aber auch auf Ideen“, lachte Janines Vater. „Und ich dachte schon, da hättest einen Hintergedanken und wolltest ein Ereignis wiederholen, das bis heute rätselhaft geblieben ist.“
„Ein Mord?“, fragte Janine, deren Interesse geweckt war.
„So könnte man es auch nennen. Eine unglaubliche Tragödie, die sich vor achthundert Jahren in Europa abgespielt hat.“
„Ein Erdbeben?“
„Nein, kein Erdbeben, auch nicht die Pest oder Cholera, sondern im Jahre 1212 sind von Köln und Frankreich aus, ich weiß nicht genau, von wo, viele tausend Kinder zu einem Kreuzzug nach Jerusalem aufgebrochen, um das Grab Christi von den Sarazenen zu befreien. Wie viele es genau waren, ist nicht bekannt. Jedenfalls viele, sehr viele, allein von Köln aus bis zu 25.000.“
„Super. Eine irre Demo. Echt geil.“
„So toll auch wieder nicht. Denn fast alle sind umgekommen.“
„Sie haben gekämpft und sind gestorben?“
„Keine Spur, sie sind verhungert oder erfroren oder krank geworden und am Wegesrand liegen geblieben. Die französischen Kinder hatten mehr Glück …“
„Sie haben das Heilige Grab befreit?“
„Wie denn wohl? Stell dir doch bloß mal vor: schwache, kranke, halb verhungerte Kinder... gegen schwer bewaffnete Sarazenen … Wie hätten die wohl das Heilige Grab befreien können? Die meisten wurden als Sklaven nach Afrika verkauft. Die Anführer der beiden Kinderkreuzzüge hießen übrigens Nikolaus und Stefan.“
„Scharfe Namen. Meine Söhne werde ich, wenn ich groß bin, auch Nikolaus und Stefan nennen.“
„Überleg dir das noch mal. Immerhin haben diese beiden, ich meine, Nikolaus und Stefan, viele Tausend Kinder in den Tod geführt.“
„Ich finde sie trotzdem super. Könntest du 25.000 Menschen dazu bringen, dir z. B. nach Aleppo zu folgen, um im Krieg dort die armen Menschen vor diesem Aas …, Aas …, ach, fällt mir jetzt nicht ein, du weißt schon wen, zu schützen?“
„Spielen wir jetzt Wetten dass? oder was?“
„Warum nicht? Über Facebook haben wir schnell 25. 000 zusammen, die mit uns nach Aleppo fliegen. Wir müssen ja nicht wie die armen Kinder vor achthundert Jahren zu Fuß dorthin latschen.“
20.08.2012
Vorheriger TitelNächster TitelDie Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Diethelm Reiner Kaminski).
Der Beitrag wurde von Diethelm Reiner Kaminski auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 07.05.2017.
- Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).
Diethelm Reiner Kaminski als Lieblingsautor markieren
Von Schindludern und Fliedermäusen: Unglaubliche Geschichten um Großvater, Ole und Irmi
von Diethelm Reiner Kaminski
Erzieht Großvater seine Enkel Ole und Irmi, oder erziehen Ole und Irmi ihren Großvater?
Das ist nicht immer leicht zu entscheiden in den 48 munteren Geschichten.
Auf jeden Fall ist Großvater ebenso gut im Lügen und Erfinden von fantastischen Erlebnissen im Fahrstuhl, auf dem Mond, in Afrika oder auf dem heimischen Gemüsemarkt wie Ole und Irmi im Erfinden von Spielen oder Ausreden.
Erfolgreich wehren sie mit vereinten Kinderkräften Großvaters unermüdliche Erziehungsversuche ab.
Möchtest Du Dein eigenes Buch hier vorstellen?
Weitere Infos!
Vorheriger Titel Nächster Titel
Hat Dir dieser Beitrag gefallen?
Dann schau Dir doch mal diese Vorschläge an:
Diesen Beitrag empfehlen: