Klaus Gödtner

Drei Nüsse für Anton

Der Schulweg von Christina führte durch den Stadtpark über Wege die mit Asche befestigt waren.
Die gleiche rote Asche die auch auf Sportplätzen Verwendung fand, bevor selbst der kleinste
Wald und Wiesenverein ihre Bolzplätze zu einem Kunstrasenplatz umgebaut haben.
Sie liebte es, mit den Schuhen Spuren auf dem Weg  zu hinterlassen, indem sie die Füße beim Gehen nicht anhob, sodern die Schuhspitze durch die Asche  zog.
Mittags, wenn sie mehr Zeit hatte, nahm sie auch schon mal einen Ast und schrieb etwas in die Asche. Manchmal konnte sie am nächsten Tag das Geschriebene noch sehen, denn viele Menschen nutzten den Park nicht. Die wenigen Rentner, die dort spazieren gingen haben auf die geistigen Ergüsse von Christina Rücksicht genommen. Sie fanden diese kleinen Botschaften der Schülerin schön.
Sie schrieb  Sätze wie:
Wer dies liest soll heute einen schönen Tag haben.
Ich gratuliere allen Geburtstagskindern, oder
möge Gott euch beschützen auf all euren Wegen.
Der Weg entlang an der Straße war kürzer. Durch den Park musste man den See halb umrunden. Das kostete viel Zeit, und den anderen Schülern und Schülerinnen war das einfach zu weit. Sie wollten morgens nicht zehn Minuten früher losgehen und mittags möglichst schnell wieder nach Hause, um am Computer oder an der PS  zu spielen.
Christina war das egal, sie liebte es unter den Bäumen zu spazieren
Tiere und Pflanzen zu beobachten. Manchmal versuchte sie, ein Stück des Weges mit geschlossenen Augen durch den Park zu gehen um dann den Moment in dem sie die Augen wieder öffnete besonders zu genießen. Es war ein tolles Gefühl, wenn sich ihre Augen langsam wieder an das Helle gewöhnten und ihr Blick klar wurde für die Schönheiten der Natur.
Die vielen Bäume spendeten im Sommer Schatten und die Luft war im Park sehr viel  angenehmer, als an der Bundesstrasse, die täglich von mehr als  5000 Pkw und 400 Lkw und Bussen befahren wurde.
Zudem war sie im Herbst und Winter etwas vor dem Wind und  dem Schnee geschützt.
Kastanien, Ebereschen, und Tannen waren die häufigsten Baumarten. Vereinzelt standen aber auch Buchen, Sommerlinden und Douglasien im Park. Es gab auch Hecken und Sträucher und  in der Uferzone des Sees, wuchs 2 m hohes Schilf.
Durch diese Pflanzenvielfalt fühlten sich , Insekten, Vögel, und Eichhörnchen im Park sehr wohl.
An den Brombeersträuchern konnte man häufig Kaninchen beobachten.
Es schien so, als wüssten sie genau vor wem sie flüchten mussten und vor wem nicht.
Bei Christina mümmelten die Pelztiere einfach weiter, als wäre sie gar nicht da.
Wenn Leute mit Hunden kame,  nahmen sie Reißaus und hüpften mit zwei drei Sätzen zurück in ihren Bau.
Die Eichhörnchen, die auch zahlreich im Park vorkamen, bevorzugten die Kastanien als Kletterbaum.
Ihre Kolben hatten sie allerdings vermehrt in den dichten Douglasien angelegt.
Die Samen in den Zapfen dieses Nadelbaumes waren die Lieblingsspeise der kleinen Nager.
Eine weiere Delikatesse waren Hasel-  und Walnüsse, diese legten sie  in verschiedenen Verstecken als Futtervorrat an.
Eines Tages, hat Christina einen etwas weiteren Weg durch den Park gewählt, denn es waren die letzten zwei Stunden ausgefallen. Sie hatte sehr viel Zeit und diese wollte sie nutzen um die Eichhörnchen dabei zu beobachten, wie sie von den Kastanien aus immer wieder zu den Haselnussträuchern liefen, um dort ihren Wintervorrat zu sammeln.
Auf einer Bank, saß ein älterer Herr. Er hatte einen grünlichen Hut aus Filz auf dem Kopf und obwohl es noch ziemlich warm war, trug er einen grünen Mantel aus Loden.
"Hallo" sagte Christina zu dem  Senior und setzte sich ohne zu fragen ebenfalls auf die Bank.
"Guten Tag Christina" sagte der Herr.
"Woher kennen sie mich?"
"Du bist aber früh dran" erwiderte der Herr, ohne auf Christinas Frage zu antworten.
Christina erzählte ihm, dass die letzten beiden Stunden ausgefallen seien und sie noch etwas die Eichhörnchen beobachten wollte.
"Das ist gut. Ich bin jeden Tag hier. Die Tiere sind meine Freunde."
"Ich mag die Tiere auch, vor allem die Eichhörnchen, ich finde es großartig, wie geschickt sie  klettern und Futter für den Winter sammeln.
Obwohl Christina den älternen Herrn noch nie gesehen hatte, entstand bei ihr so ein merkwürdiges, vertrautes Gefühl.
Der ältere Mann, der Jonas hieß, starrte während der ganzen Unterhaltung nicht zu Christina, sondern immer nur zu einem bestimmten Baum.
"Gleich ist es soweit" sagte Jonas und er kramte in der linken Manteltasche und holte eine Walnuss heraus.
Er legte sie auf den Boden, ganz nah bei seinen Füßen.
"Für wen ist die Nuss?" fragte Christina neugierig.
"Für Anton. Anton ist ein kleines krankes Eichhörnchen" erklärte er ihr. So als ob er ihre nächste Frage schon erhahnt hätte.
Und er erzählte weiter. "Ich gebe Anton jeden Tag  drei Nüsse. Die Erste bringt es in ein Versteck dort  unter der Brombeerhecke. Dann kommt es so  schnell es kann wieder und trägt die zweite Nuss in ein weiteres Versteck, dort in dem Gebüsch neben dem Sandkasten".
"Und die dritte Nuss?" fragte Christina neugierig obwohl diese  Frage ebenfalls überflüssig war, denn Jonas war dermaßen im Redefluss, so dass er es auch ohne diese Frage der Schülerin gesagt hätte.
" Ja- die dritte Nuss, verspeist Anton hier bei mir."
"Echt? " fragte Christina und starrte dabei dem alten Mann von der Seite an. Nun drehte er zum ersten mal während der ganzen Zeit sein Gesicht zu Christina. Ihre Blicke trafen sich und verweilten einen kurzen Moment. Christina fand, dass seine Augen viel jünger aussahen als der Rest seines Gesichtes. Seine Stirn und die Wangen waren sehr faltig und seine Ohren schienen extrem groß zu sein. Auf jeden Fall zu groß für das Gesicht. Seine Nase war ebenfalls groß und klobig  und man konnte dort viele kleine rote Äderchen sehen.  
Christina hatte plötzlich das Gefühl, als würde sie Jonas schon eine Ewigkeit kennen.
"Psst- nun musst du ganz leise sein und darfst dich nicht bewegen, schließlich kennt Anton dich noch nicht."
Christina war so  leise wie es ging, sie atmete ganz langsam und hielt zwischendrin sogar den Atem an, als von einer Kastanie ein süßes Eichhörnchen immer näher kam.
Es lief sehr merkwürdig und als es ganz nah war, schon fast an der Walnuss, die vor den beiden auf dem Boden lag, konnte sie erkennen, dass sein linkes Hinterpfötchen ganz verkrüppelt aussah.
"Das ist ein gutes Zeichen" sagte Jonas
"Was ist ein gutes Zeichen?"
"Dass  Anton ohne zu zögern die Nuss geholt hat. Ich hatte die Befürchtung, dass er heute nicht kommen würde, weil du mit mir auf der Bank sitzt"
Anton hatte sich zwischenzeitlich die Nuss genommen und in sein erstes Versteck unter der Brombeerhecke gebracht. Mit der Zweiten verschwand er unter das Gebüsch am Sandkasten.
"Und nun?"
"Jetzt setzt er sich gleich zu uns unter die Bank und knackt mit seinen Zähnen die Nuss um anschließend die leckeren Innereien zu verputzen" erklärte Jonas.
Genau wie er gesagt hatte geschah es. Jonas und Christina warteten bis Anton alles gefressen hatte und er sich auf den Weg zu seiner Lieblingskastanie machte.
"Nun wird es Zeit für dich Christina, es ist schon 13:15 Uhr" Normalerweise bist du um diese Zeit schon zu Hause.
"Woher wissen sie das?"
Jonas lächelte sie nur an und Christina ging ohne eine Antwort zu bekommen nach Hause.
Am nächsten Tag log Christina der Lehrerin vor, dass es ihr nicht gut ginge, und dass sie lieber nach Hause gehen würde, als die letzten beiden Stunden in der Turnhalle auf der Bank zu sitzten.
Die Lehrerin trug ein "Früher Entlassen 11:20 Uhr" ins Klassenbuch und schickte ihre Schülerin mit dem Wunsch der guten Besserung und dem Ratschlag sich sofort ins Bett zu legen nach Hause.
Ihr Weg führte sie direkt zu der Bank in dem Park, wo sie gestern Jonas und Anton kennengelernt hatte.
Schon von weitem erkannte sie den grünen Hut und denMantel.
Nun begann sie zu laufen und als sie die Bank erreichte, war sie vollkommen aus der Puste.
"Hallo, da bin ich." .
"Warum bist du heute so früh? Ist wieder Unterricht ausgefallen? "
"I... i.... ich habe der Lehrerin gesagt, dass es mir nicht gut gehen würde, und darum durfte ich früher gehen"
Christina war froh, dass sie nicht noch einmal gelogen hatte, eine Lüge am Tag war genug.
 
"Na - dann kannst du heute dem Anton die Nüsse geben, was hälst du davon?"
Christina freute sich und nahm die drei Nüsse die ihr Jonas gereicht hatte in ihre Hände.
Die erste Nuss legte sie vor sich auf den Boden und schon nach ein paar Minuten kam Anton aus dem Baum geklettert und näherte sich den Beiden.
Auch die zweite Nuss holte sich Anton und versteckte diese.
"Und nun die dritte Nuss" sagte Jonas.
"Ja, mach ich" Christina beugte sich nach vorne und legte die letzte Nuss des Tages ins Gras.
Als sie sich wieder aufgerichtet hatte, war Jonas verschwunden. Sie blickte nach links und nach rechts und auch nach hinten, aber Jonas war nicht mehr zu sehen. Einfach verschwunden.
Sie wollte nach ihm rufen, aber sie musste sehr leise sein, um Anton nicht zu erschrecken.
Anton kam zur Bank, nahm die Nuss und Christina schaute dem Nager zu, wie geschickt er die Nuss mit den Vorderpfoten drehen konnte, um die Stelle zu finden, wo er mit seinen scharfen, spitzen Zähnen die Schale aufbeißen konnte.
Christina ging nach Hause, legte sich ins Bett und schlief ein. -
"Geht es dir nicht gut, Christina?" hörte sie  plötzlich ihre Mutter fragen.
"Frau Jansen hat mich auf der Arbeit angerufen und mir gesagt, dass es dir nicht gut ginge."
Christina rieb sich die Augen, streckte sich und antwortete verschlafen:
"Ich glaube, es ist alles wieder in Ordnung Mama"
Christina machte sich Sorgen um Jonas. Wie konnte er so plötzlich verschwinden?
Sie plante am nächten Tag wieder um 11 Uhr in den Park zu gehen und sie musste dafür noch nicht einmal die Schule schwäntzen, denn es war Wochenende.
Abends kam ihr Vater von der Arbeit nach Hause. Er umarmte seine Frau und dann auch seine Tochter.
Beim Abendessen tauschten sie ihre gemeinsamen Erlebnisse des Tages aus, aber Christina war sich nicht sicher, ob sie auch von ihrer neuen Bekanntschaft im Park berichten sollte. Sie entschied sich, an diesem Abend nichts zu erzählen, denn sie wollte ihre Eltern nicht beunruhigen.
Etwas nicht zu berichten, war ja keine Sünde. Sie hatte nicht gelogen, aber trotzdem schlief sie in der folgenden Nacht nicht gut. Warum war Jonas so schnell verschwunden?
Wer war Jonas? Und warum kannte er sie?
Diese Frage hatte er ihr auch am zweiten Tag nicht beantwortet.
Pünktlich um 11 war sie im Park und setzte sich auf die Bank.
Weit und breit kein Jonas, wer sollte den heute Anton füttern?
Sie griff in ihre Jackentasche um sich ein Kaugummi zu nehmen, als sie plötzlich spürte, dass sich in ihrer Tasche drei Walnüsse befanden.
Ungläubig nahm sie die Früchte in die Hand. Eine legte sie auf den Boden und innerhalb kurzer Zeit
kam Anton.
Er nahm sich die ersten beiden Nüsse und versteckte sie um anschließend, genau wie an den beiden Vortagen die dritte Nuss in Gegenwart von Christina zu verspeisen.
Alles war gleich, nur Jonas war nicht da.
Zu ihren drei Fragen gesellte sich nun noch die vierte Frage:
"Wer hat ihr die Walnüsse in die Tasche gesteckt?
Sie wurde in ihren Gedanken unterbrochen,  als plötzlich sehr viele Ferwehrautos und Rettungswagen mit Blaulicht und Sirene über die Bundesstraße fuhren.
Sehr weit fuhren sie nicht, das konnte sie daran erkenne, dass die Sirenen nach kurzer Zeit wieder verstummten.
 
"David, lauf nicht so weit vor, du musst immer in meiner Nähe bleiben"
Der Blondschopf stoppte, machte kehrt und lief wieder zurück zu seiner Mutter.
Diese beugte sich vor und breitete die Arme aus.
"Wer kommt in meine Arme?" rief Christina
"Iiiich, der klügste Junge der Welt"  rief David und lachte dabei so herzhaft, wie nur ein Kind lachen kann.
Sie umklammerte ihren Sohn richtete sich auf und sie schauten sich tief in die Augen
Dann berührten sich ihre Nasen und David sagte: " So küssen die Eskimos"
Sie drehten sich noch einige Male in Kreis, dann stellte Christina ihren Sohn wieder auf den Weg im Park ab.
Es war noch die gleiche rote Asche, wie vor 20 Jahren.
"Erzählst du mir noch mal die Geschichte von Anton?"
"Ach die habe ich dir doch so oft erzählt"
"Bitte, Mama erzähl schon!"
Christana gab nach und erzählte ihrem Sohn die Geschichte von Anton dem verletztem Eichhörnchen und Jonas, dem älteren Herrn, mit grünem Hut und Mantel.
Den lezten Teil der Geschichte hatte sie ihm allerdings noch nie erzählt. Sie würde ihm das erst erzählen, wenn er nach seinen Großeltern, die er nie kennenlernen durfte fragen würde.
Vor diesem Moment hatte Christina eine höllische Angst. Sie befürchtete , dass sie das zu sehr aufwühlen würde, wenn sie von dem grausigen Tod ihrer Eltern berichten würde.
Sie machte sich auch nach so langer Zeit immer noch Vorwürfe, weil sie an jenem Samstag im Park war und nicht zu Hause. Eigentlich wäre sie auch gestorben, wenn sie nicht  Jonas kennengelernt, Anton gefüttert und ihre Lehrerin Frau Hansen angelogen hätte.
"Was ist los, Mama?"
David hatte gemerkt, dass seine Mutter mit ihren Gedanken ganz wo anders war.
"Alles gut, mein Sohn" beruhigte sie ihn.
Nach dem Tod ihrer Eltern kam Christina zu ihrer Tante, die im gleichen Ort wohnte.
Sie ging auch weiter auf ihre alte Schule, aber Anton hatte sie nie wieder gefüttert.
Und Jonas blieb verschwunden.
Es hatte einige Jahre gedauert, bis sie wieder im Park spazieren gehen konnte, aber wenn sie ein Martinshorn hörte, schreckte sie jedesmal zusammen.
Die Erinnerungen wurden durch dieses Geräusch immer wieder wach.
Christina war damals nach Hause gegangen, als sie näher kam, wurde ihr klar, dass die vielen Feuerwehrautos und Rettungwagen die sie gerade noch vom Park aus gehört hatte, vor ihrem Haus standen. Mit mehreren Strahlrohren wurde versucht das Einfamilienhaus in dem Christina mit ihren Eltern wohnte vor den Flammen zu retten.
Ohne Erfolg, das Haus war bis auf die Grundmauern abgebrannt, Christinas Eltern konnten nicht gerettet werden.
Hand in Hand schlenderte David mit seiner Mutter durch den Park. Gedankenverloren erreichten sie nach ein paar Minuten die Bank, wo Christina Jonas und Anton getroffen hatte.
David griff in seine Tasche und holte drei Walnüsse heraus.
Eine davon legte er vor sich auf den Boden, die anderen beiden Nüsse gab er seiner Mutter.
"Ach David , glaubst du wirklich dass es Anton noch gibt. Es ist über 20 Jahre her."
"Psst- nun musst du ganz leise sein, vielleicht kennt dich Anton nicht mehr" sagte David
Christina schaut ihren Sohn an und für einen Bruchteil einer Sekunde, kam es ihr so vor, als hätte Joans neben ihr gesessen.
Nach einer Weile näherte sich ein Eichhörnchen den Beiden und als es ganz nah war erschrak Christina fast zu Tode. Ein Hinterlauf des Eichhörnchen war verkrüppelt, genau wie damals bei
Anton. - Es war Anton.
Christina liefen Tränen übers Gesicht, sie konnte es nicht glauben und diese schrecklichen Erinnerungen hatten sie wieder eingeholt.
Obwohl es ihr in dem Moment nicht gut ging, legte sie auch die zweite Nuss auf den Boden als Anton das dritte mal zur Bank kam, beugte sie sich nach vorne legte die dritte Nuss ins Gras, ob Anton diese auch an Ort uns Stelle verspeisen würde?
Christina setzte sich wieder aufrecht hin und wollte einen Arm um ihren Sohn legen, aber sie griff ins Leere. Der Platz, wo vor ein paar Sekunden ihr geliebter Sohn saß, war niemand mehr. Er war genau so verschwunden, wie vor vielen Jahre Jonas verschwunden war.
Sie erschrak, sprang auf und schaute in alle Richtungen , - Nichts zu sehen.
Sie rief nach ihrem Sohn, "DAAAAVID, DAAAAVID
Sollte das ein dummer Scherz sein?
Eigentlich machte David so etwas nicht.
"DAAVID" rief Christina wieder, diesmal aber lauter.
Christina durchsuchte den ganzen Park und rief immer wieder nach David.
Sie fragte die Spaziergänger im Park, aber niemand hatte den blonden Jungen gesehen.
Wie von einer unsichtbaren Kraft getrieben lief Christina zu der Adresse, wo sie vor vielen Jahren mit ihren Eltern gewohnt hatte .
Mit jedem Schritt wurde sie schneller und sie spürte eine merkwürdige Verwandlung.
Ihr Blinkwinkel veränderte sich und obwohl sie sich schneller bewegte, stellte sie fest, dass sie mit der jedem Schritt weniger Strecke zurücklegte.
Als sie ihren Blick nach unten richtete, sah sie, dass sie keine  Jeans mehr trug, sondern eine
braune Stoffhose. An den Füßen hatte sie keine Treckingschuhe mehr, die sie immer beim Spazieren gehen trug, sondern ausgelatschte Turnschuhe.
Noch um eine Ecke dann wäre sie an dem Ort, wo ihre Eltern elendig verbrannten.
Sie kam sich so klein vor.
Noch ein paar Meter und sie kam an ein Schaufenster vorbei. Sie wurde langsamer um ihr Spiegelbild zu betrachten.
Was sie im Glas des Schaufenster sah, ließ ihr das Blut in den Adern gefrieren.
Sie war wieder ein Kind.
Das Kind, das vor 20 Jahren ihre Eltern verloren hatte.
Sie lief weiter und mit jedem Schritt schwanden ihre Erinnerungen an ihre Familie,
an ihren Mann, an David, an ihrer Wohnung. Und es verschwand die Angst.
Sie freute sich gleich ihre Eltern sehen zu können.
Noch 10 m dann würde sie durch die Terrassentür in die Wohnung gelangen, wo ihre Eltern vermutlich noch schlafen würden.
Sie schliefen Samstags immer bis mittags.
Im Flur angekommen bemerkte sie Rauch, der aus der Küche zu kommen schien.
Sie stürmte ins Schlafzimmer ihrer Eltern und warnte sie vor dem Feuer.
Kurze Zeit später stand sie mit ihren Eltern die nur mit ihren Schlafanzügen bekleidet waren vor ihrem Haus und schauten bei den Löscharbeiten zu.
(c) Klaus G. 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 12.02.2018. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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