Karl-Konrad Knooshood

Deutschsprachige Musikwunder 81 - Buchstabe W 720 bis W 726




 

  1. WOLFGANG PETRY – "Mein Zuhaus" (1980)

Lange bevor "WOLLE", der Mann mit den meisten Freundschaftsarmbändern am Arm aller Zeiten, der seine Schlagerhits zu einem Medley mit Namen "Die längste Single der Welt" (schaue man ins alte GUINNESS-BUCH DER REKORDE) zusammenfassen ließ und davon noch einen zweiten Teil zusammenstellen lassen konnte, war ein Schlagerbarde, der den flotten Popschlager mit Uptempo etablierte. Ja, seine cleveren Produzenten haben diesen überhaupt erst erfunden. Die Partyhits mallorcinischen Ausmaßes sind also nicht allein die Schuld solcher Spezis wie MICKY KRAUSE. Dieser war lediglich ein Adept des Ganzen, der es zur Perfektion und durch jeglichen Sound-Fleischwolf trieb. Doch auch ein WOLFGANG PETRY wurde älter. Jüngere Typen, ambitionierte Produzenten und Texter schreiben ihm heute seine altersweisen Texte auf den Leib, womit er sich in einen Befindlichkeits-Pop-Pathos-Kanon einreiht, den er wiederum nicht zu verantworten hat. Für den muss man den "Grafen" UNHEILIG belangen!

Dass Herr PETRY auch gehaltvolle und nicht monothematisch auf Liebe und Verehrung der Frau und jegliche Brüche dieses Gefühls abonnierte Texte erhalten hat, wird an diesem Stück Musik deutlich. Man könnte das Lied als lokalpatriotisch bezeichnen, dies hier ist das authentischste Zeugnis, das man von WOLLE erwarten kann. Es ist echte Heimatliebe, die mich beim Anhören freut. Musikalisch ist es ein für PETRY-Verhältnisse eher gemächlicher Langsam-Schlager auf etwa 60 BPM, die Gitarrenarbeit im Hintergrund ist ordentlich-solide, Höhepunkte sind rar gesät, eher der Text ist entscheidend. Eine Liebeserklärung an das alte Daheim, den (offenbar kleinen) Ort, an den man hingehört, an den Herr PETRY gehört, eine Verklärung ein Stückweit ebenso. Gut, man könnte noch "Wer kann das bezahlen?" nennen, das ist auch noch ein Nicht-Liebeslied von WOLLE, aber das spielt keine Rolle.

 

  1. WOLFGANG PETRY – "Ruhrgebiet" (1997)

Ebenfalls Lokalpatriotismus von WOLFGANG PETRY, diesmal aber eher wieder vordergründig, derb mit der Keule vermittelt, damit es jeder versteht: Schnell und popschlagerig, mitgrölverdächtig, "Einfach geil", wie ein Album des Herrn einmal hieß. Das ist das über das "Ruhrgebiet". "Ihr seid das Ruhrgebiet, die Droge, die mich süchtig macht!" Ein größeres Kompliment an den Lokalkolorit einer Gegend, deren "Grubengold uns wieder hochgeholt" hat, wie es HERBERT GRÖNEMEYER in "Bochum", dort jedoch nur auf eine einzelne Stadt des R-Gebiets beschränkt, ausdrückte, kann man nicht machen als durch den Vergleich mit Drogen. Gut, Drogen sind in der Regel ja eher schädlich, doch diese Droge heißt Musik – und wer könnte jemals dem grundehrlichen, erdigen WOLLE PETRY ernsthaft böse sein? Ich nicht. Ich feiere seine Musik immer noch – und schäme mich keineswegs, zu sagen: Ab und zu stehe ich auf diese Art von Schlagern, was niemals bedeuten würde, dass ich auf einmal den WENDLER verehren würde. Fiele mir niemals ein! "Und das Ruhrgebiet bin ich", resümiert Herr PETRY denn auch. Auch diese LUDWIG-XIV-Anspielung kann ihm doch kein Mensch ernsthaft übelnehmen. 

 

  1. WOLFGANG PETRY – "Scheißegal" (1995)

Schmissig, rockig und mit viel mehr Power: Rein musikalisch kommt diese WOLFGANG-PETRY-Nummer echter, ehrlicher, erdiger rüber, inhaltlich eine nur scheinbar konventionelle Nummer-Sicher des Schlagerbarden für Popschlager-Angelegenheiten. "Das ist mir scheißegal – ich will dich Stück für Stück – in jedem Augenblick", damit ist die Marke klar gesetzt, kein langes Federlesen lässt hier drum herum mäandern. Klar auf den Punkt, das ist es. Mehr muss man nicht haben. Eifersucht, Gefahr, ein komisches Gefühl. Das sind die wesentlichen Zutaten. Und ganz allgemein: Wer bringt schon so etwas Extraordinäres wie "Dafür will ich lebenslang", schon schön mehrdeutig, denn ein knastologisches Lebenslang kann niemand wollen, ein Liebes-Lebenslang kann gelingen.

 

  1. WOLFGANG PETRY – "So ein Schwein" (1998)

Vom Titel her dachte ich zuerst, dass sich WOLLE P. über eine ziemlich üble Person aufregte. Ein richtiges Schwein (vermutlich ein männliches, das weibliche hieße ja: Sau oder ßau!), eine miese schweinische Arschgeige. So einen, den man nur hassen kann… Aber nein, es geht um die Redewendung "Schwein haben". "So ein Schwein hat man nur einmal – geht mir voll am Arsch vorbei", singt PETRY voller Überzeugung die magischen, philosophischen Worte und öffnet damit die Pforte für ein weiteres seiner Meisterwerke: Midtempo-Schlager im klassischen PETRY-Stil. Geil, wie er sich darüber beklagt, seit Tagen nicht mehr rauchen zu können. "Zum Nichtraucher mit WOLLE PETRY in nur 30 Tagen" oder so, das wär doch mal was!

 

  1. WOLFGANG PETRY – "Verlieben, verloren, vergessen, verzeihen" (1992)

Neben "Wahnsinn" und "Wunder" (die W-Wörter hier drunter) ist dies wohl der bekannteste und beliebteste Hit des Schlageristen mit den vielen treuen Fans und Freundschaftsarmbändern. Die "ver"-Wortreihung, in die das Wort "verloren" grammatikalisch allein schon nicht recht passen mag (vielleicht wäre "verlieren" besser gewesen), funktioniert als Alliteration perfekt und ist eins der typischen Lieder aus PETRYs Oeuvre. Es ist das Evangelium unter seinen Songs. Auf das man sich verlassen kann. In jeder guten Schlagersammlung sollte es dabei sein. Und nun auf zum Hören und Mitschwofen:

 

  1. WOLFGANG PETRY – "Wahnsinn" (1983)

"Keine Party ohne uns – immer mitten rein, da zu sein, wo das Leben tobt – ohne jedes Verbot". Was in unserer immer abgeschotteteren, entfremdeten und entliberalisierten Welt, unserem Land, das allmählich einem (coronageschwängerten) Soft-Totalitarismus unter MERKELs CDU-Ägide und einer handzahm mitwirkenden SPD, vielleicht später den wahnsinnigen GRÜNEN – wie die Aufforderung zu Anarchie gilt und textlich eines Tages nicht mehr nachvollziehbar sein wird, stammt von TIC TAC TOE (siehe weiter oben) – und trifft auf diesen Song zu: Keine Party ohne dieses Lied! Eine ordentliche Party ist nicht komplett ohne dieses Lied! Das wohl bekannteste von WOLFGANG PETRY, dürftig von den LOLLIES gecovert aber unerreicht, ist einer jener Songs, den nicht nur jedes lebende, atmende Wesen mit deutschen und/oder deutschsprachigen Wurzeln und jeder perfekt integrierte Passdeutsche kennt, sondern auch mitgrölen kann. Einer jener Songs, bei denen sich eingebürgert hat, sie um einige Textfetzen zu erweitern, um den affirmativen Charakter zu verstärken.

Bei diesem bekanntesten Beispiel für dieses Phänomen ist es im Refrain: "Hölle, Hölle, Hölle" und "Müll, Müll, Sondermüll!". Immer dann nämlich, wenn Meister PETRY singt: "So ein Wahnsinn – warum schickst du mich in die Hölle?" – wo im Schlager nur einige beklemmende Sekunden Stille herrscht bzw. einzig die Instrumentalkulisse zu hören ist, nämlich die Schlagersynthesizer mit dem Beat. Diese "peinliche" Stille oder Singpause muss mit etwas gefüllt werden. "Und mein Stolz – liegt längst schon auf dem Müll!" rundet WOLFGANG P. seinen Refrain schlüssig ab. Daraufhin dann die Stelle mit dem Sondermüll… Der Discofox-Klassiker wurde damals, im Rahmen des Karnevals (ja, liebe Kinder, es gab Zeiten, als man in Menschenmassen noch massig feine Feste feste feiern durfte, ohne Angst vor einem Virus simulieren zu müssen, das nur wenig gefährlicher als eine Grippemutation ist), an einigen Stellen mit einem Charleston-Tanz gekreuzt, wir hatten uns entsprechend verkleidet. Gern erinnere ich mich an diesen goldenen Tag. Nun, "wie ein Wolf renn ich durch die Stadt – such hungrig unsere Kneipen ab" hatte ich damals akustisch falschverstanden, "auf der Suche nach unsrer alten Macht" – was war bloß los mit mir?! WOLFGANG ist ein neuer Wolf in diesem Lied, dem Wahnsinn zwar nicht verfallen, doch ihn in diesem Liebes-Canceling scharf anprangernd, mit Sehnsucht verknüpft, die ins Wölfische übergeht, ins Erjagen der alten Beute, wenn man so will. Phantastisches Lied.

 

  1. WOLFGANG PETRY – "Wunder" (1992)

Die 80er – Popschlager beginnen, langsam aber sicher, ihren Siegeszug in einigen Teilen der Charts und unappetitlichen Hitparaden für spezielle Geschmäcker, die bekanntlich verschieden sind. Heute besteht quasi alles aus billig instrumentierten, weil elektronisch unterlegten, somit kostengünstig und kapitalistisch effizient hergestellten Tracks. Der normale, gemächliche Rödel-Schlager seriösen Formats, dieses UDO-JÜRGENsische, ist quasi gänzlich verschwunden, selbst die für die älteren Semester vorgesehenen Schlagerstars, etwa diese zwei leicht schwulen Typen namens FANTASY (auf die Art und den Abwechslungsreichtum der Musik trifft der Begriff nicht zu), machen einen auf Kostengünstig-WENDLER. Schlagerpendler sind halt in… PETRY hat keinen allzu geringen Anteil daran. Seine Hymnen, eine geiler als die andere, eine mehr Ohrwurm als die nächste, toppen sich höchstens noch gegenseitig. Wie JÜRGEN DREWS der König von MALLORCA, ist WOLLE P. der König des Popschlagers, der WENDLER nur ein Vasall mit nicht halb so viel Talent.

"Du bist ein Wunder, so wie ein Wunder – ein wunder Punkt (oder ein Wunder-Punkt) in meinem Leben" heißt es, hymnisch, pathetisch, weise. Das Wortspiel ist, gerade für Popschlager-Verhältnisse, außergewöhnlich gelungen, das moderne Hohelied an die Liebe ist geschrieben, dieser Song ist der Inbegriff des schöneren Popschlagers: Perfekte Melodie, eingängig und memorabel, perfekter Text, perfekter Rhythmus für Liebeslyrik. Ich bewundere dieses Lied – und von WOLFGANG PETRY rührt es mich am meisten. Schmissig schmeißt es sich in meine Gehörgänge, die es fortan, tückisch als Ohrwurm, nicht mehr verlässt. "Wunder gibt es immer wieder", wusste Schlagermatrone KATJA EPSTEIN zu vermitteln. PETRY toppt und ergänzt durch: "Weil man ein Wunder, das man erlebt hat, niemals vergisst!" Auch mit diesem Songtext bricht WOLLE wieder mitten durch die Schlager-Stereotypen. "Ich lieb' dich wie die Pest" heißt es am Ende einer jeden Strophe. Ungewöhnlich, bisher hasste man jemanden nur wie diese verheerende Seuche, die um ein Milliardenfaches gefährlicher als Corona ist.

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