Klaus Mattes

Media Blog 4.2 Unsere Zeitungen titeln mutig weiter


 

Große Headline in der Bild:

„Der Glückskeks aus dem Bild-Team:
Hier gewinnt unser Rolf ein Haus in Miami Beach.“

(mehrzeilig, teilweise rote Farbe)

Große Headline in der FAZ:

„Die neue Ordnung Europas steht nach einem nächtlichen Verhandlungsmarathon auf wackeligen Füßen“

(sechsspaltig)

Und noch eine Headline der Tageszeitung:

„Delirium als Strategie: Gender-Werbung in Deutschland“


 

Ewig und drei Tage verhandelt die gesamte deutsche Medienlandschaft Dinge, als seien sie nationale Schicksalsfragen, die sich in etwa so lesen:


 

Kann sich der Bundespräsident halten oder kommt noch ein anderer und der heißt Lammers oder vielleicht noch mal Steinmeier?

Werden wir nach der nächsten Bundestagswahl etwa keinen einzigen FDP-Abgeordneten in Berlin mehr haben?

Wird am Ende die meist sehr geschickte Frau Merkel doch noch stürzen und wen wird die CDU anschließend auf den Schild heben?

Oder kommt der Umschwung, wird das ganze Land links, wird die SPD stark, am Ende sogar noch eine grüne Überflieger-Kanzlerin?

Kommt irgendwann die Jamaica-Koalition, wie es sie in Bundesländern gab? Oder doch nur die Ampel? Oder wieder eine Große Koalition, die aber auch gut ist, wenn es um die ganz großen und letzten Dinge geht?

(Welche wären das aber überhaupt gewesen, zwischen 2005 und 2009, und dann wieder 2013 bis 2021, die wirklich ganz großen Weichenstellungen, die sie da harmonisch für unser aller gedeihliches und soziales Leben rum und ab gerissen haben?)

Kann der Euro noch mal gerettet werden? Kann der Euro stabil werden?

Kann die Staatsverschuldung gestoppt werden, weil es in der Verfassung steht?

Kann der Dollar als Weltleitwährung abgelöst werden?

Fliegt Griechenland aus der Herz-EU? Und dann noch Portugal, Irland, Italien, Spanien, Frankreich, Monaco, San Marino, Malta, Montenegro, Andorra, Zypern, Slowakei, Türkei und die Ukraine?

Was passiert, wenn die Chinesen eines Tages den großen Knüppel kreisen lassen?

Sollten die US-Demokraten die gesenkten Steuern jetzt wieder moderat anheben?

Und so weiter.


 

Auch von einer breiten gesellschaftlichen Mehrheit geglaubte Wahrheiten sind oft nur Meinungen.

Beispiel:

Bis zu Schröders unerschrockenen Hartz-Reformen ist Deutschland wirtschaftlich der kranke Mann Europas gewesen, zu dem es sehr schnell wieder werden kann, wenn wir zu viel und zu Teures für die Sicherung unserer Lebensgrundlagen investieren.


 

Das Wahrheitskonzept der Naturwissenschaft geht davon aus, alles ist eine Theorie so lange, bis es durch eine Überzahl von Versuchsreihen und Messdaten validiert wird. Es gilt danach einstweilen als Wahrheit, könnte aber durch einige Gegenbeweise auch wieder umgestürzt werden.

Dagegen geht mittlerweile ein ziemlich großer Teil der gesellschaftlichen Öffentlichkeit davon aus, was die Wissenschaft als bewiesen in aberhundertfachem Konsens formuliert hat, kann dadurch, dass zwei bis zehn Leute irgendwo auf der Welt es als Irrtum brandmarken, zur „nicht bewiesenen Theorie“, zu einer weiteren Meinung unter vielen anderen, rückgestuft werden.

Siehe die Menschengemachtheit der Erwärmung der Erdatmosphäre, welche zum Beispiel eine AfD genannte Partei, in manchem Regionen des Landes wird sie immerhin von einem guten Drittel unterstützt, wiederholt zur „bislang nicht belegten Meinung“ umdeklariert hat.

Man nennt das Primat der Politik. Erst nachdem Politiker sie für gültig erklärt haben, sind die Ergebnisse der Wissenschaft wirklich gültig.


 

Relativ vorübergehend, aber ich habe ihn gesehen, gab es in unseren Kinos einst einen Werbespot der Tageszeitung Bild. Da postete jemand zu Beginn ins Internet die Behauptung „Kölner Dom wird zur Moschee“.

Dann sah man gerafft, wie es in Facebook und so weiter rundging, im Fernsehen berichtet wird, die Medien und Politiker rund um den Globus diese „Nachricht“ kommentierten und zum Schluss erschien die erste Seite der Bild, wo man las, das war doch eine Ente.

Mithin war klar, dass Bild keine Enten verbreitet und vor allem keine rechtsradikalen Volksverhetzungen. Bild ist die Instanz im Land, die sich alldem verlässlich und moralisch fundiert entgegenstellt. Außer natürlich, wenn sie eine Vergewaltigung oder einen Irren haben, der Wartende unter einen einfahrenden Zug schubst und sie titeln müssen, dass dieser Täter Muslim war.

Das müssen sie aber machen, weil der Leser nach solchem Wissen eben nun mal verlangt. Sie sind doch eine Zeitung. Und nicht der Papst. („Katholik aus Afrika stürzt Schulkind vor U-Bahn“)


 

Larifari.

Blubb blubb.

Endlos und drei Tage.

Uns wird wirklich nichts mehr verschwiegen.

Journalism at its most.


 

Wie chattete Mathias Döpfner, aus Bild haben Sie das aber nicht: „Klimawandel? Ich hab's gerne warm.“


 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 12.09.2023. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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